Pflegebedürftig zu werden ist eine reale Gefahr – für Millionen Menschen in Deutschland. Und mit dem Älterwerden der Gesellschaft rückt die Frage immer stärker in den Vordergrund: Wer zahlt eigentlich, wenn Angehörige oder man selbst auf Pflege angewiesen sind? Die gesetzliche Pflegeversicherung soll in solchen Fällen helfen – doch was leistet sie wirklich?
Solidarisches Prinzip mit Grenzen
Die Pflegeversicherung wurde 1995 eingeführt und ist die fünfte Säule der Sozialversicherung. Sie folgt dem Grundprinzip der Solidarität: Alle zahlen ein, alle sind abgesichert. Gesetzlich Versicherte sind automatisch Mitglied in der sozialen Pflegeversicherung, privat Versicherte müssen eine gleichwertige private Pflegepflichtversicherung abschließen.
Finanziert wird das System durch prozentuale Beiträge vom Bruttogehalt. Seit Januar 2025 liegt der Beitragssatz bei 3,6 Prozent, wobei kinderlose Arbeitnehmer einen Zuschlag zahlen. Rentner sind ebenfalls beitragspflichtig – hier wird der Beitrag direkt von der Rente einbehalten.
Leistungen: Pflegegrad entscheidet
Ob eine Person Anspruch auf Leistungen hat, entscheidet ein Gutachten des Medizinischen Dienstes (bei gesetzlich Versicherten). Maßgeblich ist der Pflegegrad – dieser wird von 1 bis 5 gestaffelt und richtet sich nach dem Grad der Selbstständigkeit.
Je höher der Pflegegrad, desto größer die Unterstützung. Die Leistungen unterscheiden sich je nachdem, ob Pflege zu Hause oder in einer stationären Einrichtung erfolgt. Wer Angehörige zu Hause pflegt, erhält Pflegegeld – beispielsweise 332 Euro monatlich bei Pflegegrad 3. Wer ambulante Pflegedienste nutzt, bekommt Pflegesachleistungen. In Pflegeheimen zahlt die Versicherung einen festen Zuschuss.
Was die Pflegeversicherung nicht abdeckt
Die Pflegeversicherung ist eine Teilkaskoversicherung – sie übernimmt nur einen Teil der tatsächlichen Pflegekosten. Gerade in Pflegeheimen bedeutet das für viele Pflegebedürftige und ihre Familien eine erhebliche finanzielle Belastung. Laut Statistischem Bundesamt lagen die durchschnittlichen Eigenanteile für einen Heimplatz zuletzt bei rund 2.600 Euro im Monat – Tendenz steigend.
Nur wenige Menschen sind auf solche Ausgaben vorbereitet. Wer keine Rücklagen hat, muss auf Sozialhilfe zurückgreifen – oder wird mit der sogenannten „Elternunterhaltspflicht“ konfrontiert, sofern das Einkommen der Kinder bestimmte Grenzen übersteigt.
Forderung nach Deckelung
Vor diesem Hintergrund mehren sich die Rufe nach Reformen. Die Stiftung Patientenschutz forderte kürzlich eine Deckelung des Eigenanteils auf 1.000 Euro monatlich. Geschäftsführerin Eugen Brysch sagte, es sei „nicht akzeptabel, dass Pflegebedürftige in Heimen monatlich über 2.500 Euro zahlen müssen, obwohl sie jahrzehntelang Beiträge geleistet haben“.
Auch Verbraucherverbände und Sozialverbände sprechen sich für eine grundlegend andere Finanzierung aus – etwa durch eine Pflegevollversicherung oder steuerfinanzierte Zuschüsse.
Was sich 2025 geändert hat
Seit Juli 2025 gilt ein gemeinsames Jahresbudget für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege in Höhe von bis zu 3.539 Euro, das Pflegebedürftige flexibel einsetzen können. Auch entfällt die bisher vorgeschriebene sechsmonatige Vorpflegezeit, um Verhinderungspflege erstmals in Anspruch zu nehmen. Außerdem wurde der Mindestlohn für Pflegefachkräfte auf 20,50 Euro pro Stunde erhöht – eine Maßnahme, die nicht nur die Pflegequalität verbessern, sondern langfristig auch die Attraktivität des Berufs steigern soll.
Fazit
Die gesetzliche Pflegeversicherung bietet grundlegende Absicherung – mehr aber auch nicht. Viele Pflegebedürftige stoßen trotz jahrelanger Beitragszahlungen an finanzielle Grenzen. Wer vorsorgen will, sollte sich frühzeitig mit der Thematik beschäftigen – und mögliche Zusatzversicherungen oder Rücklagen prüfen. Die Politik steht indes unter Druck: Wenn Pflege für viele unbezahlbar wird, braucht es mehr als kosmetische Korrekturen.