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Zahl der Pflegebedürftigen hat sich in zehn Jahren verdoppelt

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Vor zehn Jahren waren knapp 2,7 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig, inzwischen sind es 5,6 Millionen. In den vergangenen fünf Jahren allein ist die Zahl um rund 1,6 Millionen oder 40 Prozent gestiegen. Das teilte der Medizinische Dienst Bund in einer aktuellen Erhebung mit. Im Vergleich zu 2014 hat sich die Zahl der Pflegebedürftigen damit nahezu verdoppelt.

Der starke Anstieg ist laut dem Medizinischen Dienst auf zwei Hauptursachen zurückzuführen: den demografischen Wandel und gesetzliche Neuregelungen. Besonders die Pflegereform von 2017 habe maßgeblich zur Entwicklung beigetragen. Seither werden auch psychische und psychiatrische Einschränkungen bei der Einstufung berücksichtigt. Das hat dazu geführt, dass heute auch 162.000 Kinder als pflegebedürftig gelten – dreimal so viele wie vor zehn Jahren.

Versorgung: Mehrheit lebt zu Hause

Die Alterung der Gesellschaft bleibt der zentrale Treiber für den erwarteten weiteren Anstieg: Das Statistische Bundesamt prognostiziert bis 2055 rund 7,6 Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland. Aktuell lebt mit etwa 90 Prozent die große Mehrheit zu Hause, viele von ihnen ohne professionelle Unterstützung. Nur rund eine Million Pflegebedürftige werden stationär betreut – diese Zahl blieb seit 2014 weitgehend konstant.

Gestiegen ist vor allem die Zahl der Menschen, die ambulante Leistungen in Anspruch nehmen. Sie hat sich im vergangenen Jahrzehnt verdreifacht und spiegelt den Trend zur häuslichen Pflege wider.

Pflegebegutachtungen nehmen stark zu

Ebenfalls deutlich zugenommen haben die Pflegebegutachtungen. Im Jahr 2023 fanden drei Millionen solcher Einschätzungen statt – doppelt so viele wie zehn Jahre zuvor. Die Begutachtungen dienen der Einordnung in einen Pflegegrad, der über den Anspruch auf Leistungen entscheidet. Zwei Drittel der Antragsteller erhalten die Pflegegrade 1 oder 2, rund ein Sechstel wird in die Pflegegrade 3 oder 4 eingeordnet. Der höchste Pflegegrad 5 wird nur in einem von hundert Fällen vergeben. Bei etwa 20 Prozent wird kein Pflegegrad festgestellt.

Forderung nach individuellerer Bewertung

Vor diesem Hintergrund fordert der Medizinische Dienst eine Modernisierung der Pflegebegutachtung. Die Gutachterinnen und Gutachter seien oft die ersten professionellen Ansprechpartner für Betroffene und Angehörige, betont Tatjana Hardes, Leiterin des Bereichs Pflegeversicherung. Umso wichtiger sei es, die individuellen Lebensumstände der Menschen stärker in den Mittelpunkt zu rücken.

Carola Engler, stellvertretende Vorsitzende der Organisation, spricht sich dafür aus, vor allem die Gruppe der Pflegebedürftigen ohne professionelle Hilfe besser zu erreichen. Begutachtungen müssten stärker auf deren Lebenswirklichkeit eingehen, um Selbstständigkeit möglichst lange zu erhalten. Eine engere Zusammenarbeit mit Institutionen sowie die stärkere Einbindung von Pflegefachkräften sollen künftig helfen, die Verfahren praxisnäher und wirkungsvoller zu gestalten.