Im Umgang mit schwer oder chronisch erkrankten Menschen zählt jedes Wort. Denn was gut gemeint ist, kann in der Realität verletzen – oder Trost spenden. Wer nicht selbst betroffen ist, fühlt sich im Gespräch oft unsicher.
Doch Empathie, echtes Zuhören und ein sensibler Umgang mit Sprache helfen dabei, eine wertvolle Verbindung herzustellen.
Wenn Höflichkeit nicht reicht
Ein flüchtiges „Gute Besserung“ oder ein allgemeines „Wenn du etwas brauchst, sag Bescheid“ – solche Sätze gehören für viele zum Standardrepertoire. Doch sie erreichen den anderen selten wirklich. Gerade bei chronischen Erkrankungen oder im palliativen Kontext ist der Gesprächspartner auf mehr angewiesen: auf konkrete Angebote, ehrliches Interesse und auf das Gefühl, mit seiner Situation gesehen zu werden.
Dabei ist es kein Zeichen von Schwäche, wenn einem die richtigen Worte fehlen. Viele Menschen sind unsicher, wie sie sich ausdrücken sollen, um nicht zu verletzen. Es hilft, sich bewusst zu machen, welche Aussagen gut gemeint, aber dennoch problematisch sind – und wie es besser geht.
Was besser nicht gesagt wird – und welche Alternativen helfen
„Du siehst aber gar nicht krank aus!“
Dieser Satz soll aufmuntern, wirkt aber oft verletzend. Viele Krankheiten sind unsichtbar – gerade psychische oder autoimmunbedingte Leiden. Eine freundlichere Alternative lautet: „Du siehst heute richtig gut aus. Es freut mich, dich zu sehen.“
„Ich weiß, wie du dich fühlst.“
Empathie ist wichtig – aber niemand kann exakt nachempfinden, was ein anderer durchlebt. Stattdessen hilft: „Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, was du durchmachst – aber ich bin für dich da.“
„Du bist doch viel zu jung, um krank zu sein.“
Solche Aussagen bagatellisieren das Erleben des anderen. Besser: „Es ist bestimmt besonders schwer, in deinem Alter schon mit so etwas umgehen zu müssen.“
„Du solltest dich einfach mehr bewegen.“
Ungefragte Ratschläge wirken oft übergriffig. Wer etwas anbieten will, kann sagen: „Wie wäre es mit einem Spaziergang? Wenn du magst, begleite ich dich gern.“
„Wenn du Hilfe brauchst, meld dich.“
Gut gemeint, aber unkonkret. Ein besserer Ansatz: „Ich gehe morgen einkaufen – kann ich dir etwas mitbringen?“ oder „Soll ich deine Wäsche mit waschen?“
Sprache als Spiegel der Beziehung
Sprache ist mehr als Informationsaustausch. Sie transportiert Nähe, Anteilnahme und Wertschätzung. Vor allem chronisch Erkrankte erleben häufig, dass sich soziale Kontakte zurückziehen – aus Unsicherheit oder Angst, etwas Falsches zu sagen. Dabei ist gerade dann menschliche Nähe wichtig.
Ein einfaches „Wie geht es dir?“ kann sehr viel bewirken – vorausgesetzt, es ist ernst gemeint und mit der Bereitschaft zum Zuhören verbunden. Dabei geht es nicht darum, Lösungen zu liefern, sondern um Präsenz. Auch gemeinsame Stille kann Halt geben.
Gespräch auf Augenhöhe
Echte Gespräche brauchen Zeit und Offenheit. Wer erzählt, wie sein eigener Alltag gerade aussieht, schafft Nähe und gibt dem anderen Raum, selbst zu entscheiden, wie viel er mitteilen möchte. Menschen mit chronischen oder schweren Erkrankungen wünschen sich häufig normale Gespräche – auch als Abwechslung zum medizinisch geprägten Alltag.
Es darf Unsicherheiten geben. Niemand erwartet perfekte Worte. Aber wer ehrlich, respektvoll und präsent ist, wird als unterstützend erlebt – oft mehr als durch wohlmeinende Ratschläge.
Quelle: mayoclinicproceedings.org, „Never-Words: What Not to Say to Patients With Serious Illness“ (Englisch)